In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Steuerbelastung für Unternehmen und Aktionäre immer wieder reduziert und die Abgaben für Erwerbseinkommen sukzessive erhöht. Die aktuellen Unternehmenssteuerreformen zeigen, wohin die Reise gehen soll: Unternehmens- und Aktionärsbesteuerung weiter reduzieren. Diese Strategie ist in der Zeit der zunehmenden Automatisierung durch die Digitalisierung geradezu fatal. Denn nicht nur wird dadurch der Druck auf menschlichen Arbeitsbeitrag noch höher, sondern das Steuersubstrat als Ganzes und damit auch die Kaufkraft der konsumierenden Bevölkerung wird gefährdet. Wir beschleunigen mit einer solchen Steuerpolitik die negativen Effekte der Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt.

Robotersteuer ist kein probates Mittel

Um dem drohenden Ausfall an Steuereinnahmen durch die Digitalisierung zu begegnen, werden verschiedene Ideen besprochen. Nicht selten wird der Begriff Robotersteuer ins Feld geführt. Meist ist damit eine Steuer auf einen Roboter, einen Automaten oder Algorithmus gemeint. Prominentes Beispiel dafür ist die Abgabe, die auf eine Self-Checkout Kasse zu entrichten sein soll; wie das etwa Politiker in Genf fordern. Das mag auf den ersten Blick einleuchten. Nicht alle Automaten haben jedoch einen so direkt kausalen Zusammenhang mit dem Verlust eines einzelnen Arbeitsplatzes wie eine automatisierte Kasse. Was ist mit dem Putzroboter, der einen Teil der Raumpflege autonom übernimmt und entsprechend mit zumindest einem Teil menschlicher Reinigungsarbeit konkurriert? Was mit dem Smartphone, das menschliche AssistentInnen zu weiten Teilen ersetzt? Und überhaupt: wann gilt eine Maschine als Roboter, eine Software als Algorithmus? Zu definieren wäre das in einem solchen Szenario wohl durch eine Art “Bundesamt für Automatisierungsgrad- und Künstliche-IQ-Bestimmung”. Es wird schnell klar, dass eine derartige Besteuerung unheimlich kompliziert, bürokratisch und kaum mehrheitsfähig wäre.

Erwerbsarbeit steuerlich entlasten und Unternehmensgewinne stärker belasten

Wir müssen gar nicht so weit suchen, um Steuersubstrat zur Abschöpfung von geschaffenem Mehrwert zu finden: Unternehmensgewinnsteuern. Diese Steuern sind die neutralste und am einfachsten zu eruierende Grösse, die durch Geschäftstätigkeit entsteht. Und sie sind komplett losgelöst von der Art und Weise der Wertschöpfung. Ein Roboterpark oder ein Handwerksbetrieb: Beiden bleibt bei erfolgreichem Geschäftsgang ein positives steuerbares Resultat übrig. Würden nun sukzessive die Abgaben auf Erwerbsarbeit reduziert und gleichzeitig die Unternehmensgewinnsteuern erhöht, wäre das aus Sicht des Unternehmens ein Nullsummenspiel. Denn über die Löhne wird die Einkommenssteuer ja auch durch sie erwirtschaftet. Es nähme aber den Druck auf die Kosten menschlicher Arbeit und würde damit die Spiesse für Mensch und Maschine mindestens in dieser Hinsicht ähnlich lang werden lassen.
Und wir würden den rasanten Wandel im Arbeitsmarkt nicht noch zusätzlich durch eine Benachteiligung der Arbeitskraft Mensch beschleunigen. Wir hätten etwas mehr Luft und wären bereit für eine – wenn auch heute sehr hypothetisch anmutende – Zukunft, in der menschlicher Beitrag für gewinnorientierte Geschäftstätigkeit weniger oder gar nicht mehr nachgefragt wird. Nicht zuletzt würden wir mit einer solchen Strategie auch die Grundlage für ein Grundeinkommen schaffen. Eine echte Chance, Sinnhaftigkeit von Arbeit neu auszuhandeln.