GRÜNE fordern Digitalisierung mit ökologischen und sozialen Leitplanken

Die praktische Umsetzung des Klimaschutzes hängt davon ab, wie unsere Wirtschaft organisiert ist. Dies entscheidet wesentlich über den Verbrauch unserer physischen Ressourcen und den Klima-Fussabdruck. Die Digitalisierung kann hier eine positive Rolle spielen, wenn sie Ressourcen tatsächlich teilt und damit effizienter nutzt und die Gemeinschaft stärkt. Sie kann aber auch schaden, wenn sie mit Monopolen die Menschen ausbeutet, neue Abhängigkeiten schafft und den Konsum noch mehr steigert. Wir GRÜNE wollen deshalb die Digitalisierung politisch gestalten, damit sie sozial und ökologisch verträglich ist und einen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten kann.

Gegen neue Ausbeutungsmodelle der Plattform-Ökonomie

Ausgangslage

Unter der Plattform-Ökonomie verstehen wir ein Geschäftsmodell für Produkte und Dienstleistungen, bei denen dezentrale Anbieter*innen auf einer zentralen Plattform auf ihre Kundschaft treffen.

Gegenüber klassischen Modellen gibt es eine aussergewöhnlich grosse Anzahl von Anbieter*innen, die ihre Dienstleistung oft im Nebenamt oder auch kostenlos betreiben. Manchmal überschneiden sich auch die Mengen der Anbietenden und der Kundschaft. Bei genossenschaftlich organisierten Car-Sharing-Anbieter*innen beispielsweise können dieselben Personen sowohl Genossenschafter*innen als auch Benutzer*innen sein.

Damit die Anbieter*innen und Kunden*innen sich finden, braucht es Netzwerke, die den Markt organisieren und das Vertrauen zwischen den Marktteilnehmer*innen herstellen. Diese Netzwerke wurden erst durch das Internet möglich. Technisch könnten diese Netzwerke dezentral sein (wie der Dienst E-Mail beispielsweise). Faktisch sind es aber oft internationale private Plattformen, welche die Dienste definieren, die Algorithmen entwickeln und die Datenbanken betreiben. Bekannte Beispiele dafür sind Airbnb und Uber.

Das Geschäftsmodell der Plattformen besteht dabei meistens aus den Provisionen für die Vermittlung der Dienstleistungen. Die Plattform kann Auftraggeberin und manchmal auch Arbeitgeberin der Anbietenden sein.

Die Plattform-Ökonomie ist nicht eine Weiterentwicklung, sondern ein Bruch mit den klassischen Geschäftsmodellen (Disruption), welche sie teilweise in Frage stellt und auch ersetzt, wenn sie nicht gerade neue Geschäftsfelder erfindet.

Es können hauptsächlich drei Auswirkungen identifiziert werden:

  1. Die neuen Technologien können innovativ sein und echten Nutzen bringen: Angebote werden einfacher, wenn nicht überhaupt erst möglich; Ressourcen werden besser genutzt, Angebote werden einfacher Der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit, aber auch Zugang zum Markt für Kleinproduzent*innen wird niederschwelliger. Im besten Fall ergibt sich auch ein sozialer Effekt (Teilhabe und soziale Kontakte).
  2. Da die Märkte der Sharing Economy umso besser funktionieren, je mehr daran teilnehmen, entstehen natürliche Monopole. Die Betreiber der Plattformen beziehen eine Monopolrente und sie haben die Marktmacht, den Anbieter*innen ihre Bedingungen aufzuzwingen oder gar Teilnehmer*innen vom Markt fernzuhalten. Damit werden sie ihrerseits zu Bremsern der Innovation.
  3. Die Betreiber*innen der Plattformen halten sich nicht an eingespielte Spielregeln der Branchen (Gesetzgebung, Gesamtarbeitsverträge und Normen), da die Anbieter*innen im Gegensatz zu regulären Lohnabhängigen mit Arbeitsvertrag diese nicht einfordern wollen oder können. Problematisch sind dabei in erster Linie Löhne und Arbeitsbedingungen (vgl. dazu die Auseinandersetzungen um Uber auch in der Schweiz), aber auch Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Kund*innen (z.B. feuerpolizeiliche Bestimmungen bei gewerbsmässig betriebener Vermietung via Airbnb). Die Plattformen verweigern damit nicht nur ihre soziale Verantwortung, sondern bewegen sich in den Bereich des unlauteren Wettbewerbs.

Bei den Plattformen handelt es sich oft um global handelnde Akteur*innen, die ihr Geschäft geschickt nach den Rahmenbedingungen der einzelnen Länder optimieren. Ihr Umsatz übersteigt das Bruttosozialprodukt von mittleren Ländern. Dies heisst aber nicht, dass die Politik nichts ausrichten kann. Während die Plattform global ist, findet der Tausch der einzelnen Leistungen fast immer lokal statt. Die Betreiber*innen haben immer wieder ihre Modelle den nationalen Gesetzgebungen angepasst, wenn für sie das Marktpotenzial genug gross ist. Nationale Regierungen können deshalb ihren Handlungsspielraum nutzen. Lokale Verwaltungen können den Zugang regeln zu einem Gut, das nur sie haben: den öffentlichen Raum.

Empfehlungen

Innovation, Experimente und neue Geschäftsmodelle sollen im Prinzip möglich sein. Niederschwellige Aktivitäten benötigen keine Regulierung. Politisch relevant werden die Plattformen dann, wenn Monopole und externe Kosten für die Gesellschaft entstehen.

Längerfristig müssen die technischen und politischen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Kommunikation und gemeinsames Handeln ohne kommerzielle Vermittlung möglich wird und die Plattformbetreiber*innen damit überflüssig werden.

Die GRÜNEN fordern, dass Plattformen, die in ihrer Branche eine faktische Monopolsituation erreicht haben, der Aufsicht der Wettbewerbskommission unterstellt werden. Die Aufsicht beinhaltet insbesondere:

  1. Diskriminierungsverbot: Die Plattform muss die Teilnehmenden gleich behandeln. Diese Anforderung ist nicht trivial, da die Plattform auch sicherzustellen hat, dass sich die Teilnehmenden untereinander nicht diskriminieren. Ein Rauchverbot bei einer Zimmervermietung ist wohl zulässig, wie steht es aber mit der Religion?
  2. Faire Teilnahmebedingungen: Die Plattform darf ihre Monopolsituation nicht dazu ausnützen, dass sie den Teilnehmenden Bedingungen aufzwingt, die letztere nicht nachhaltig erfüllen können. Eine Hotelplattform muss den Hotels erlauben, ihren Stammkunden weiterhin Rabatte anbieten zu können.
  3. Plattformen, die Dienstleistungen anbieten und in Konkurrenz zu lokalen Angeboten stehen, müssen sich an die nationalen Qualitäts- und Sicherheitsstandards Die Kundschaft muss ein Vertrauen in die Dienstleistung haben können.
  4. Haftung: Plattformen müssen die Verantwortlichkeit über die Dienstleistungen der Kundschaft transparent kommunizieren. Sie sind subsidiär haftbar bei Ausfall des

Die GRÜNEN fordern, dass Plattformen ihre Verantwortung als Arbeitgeberin wahrnehmen, wenn das Arbeitsverhältnis objektiv gegeben ist. Die Kriterien der AHV zur Selbständigkeit sind anzuwenden: Selbständig ist nur, wer wirtschaftlich auch verantwortlich ist, seine Zeit selber einteilen kann, Mandate weitergeben oder auch ablehnen kann und an keine Exklusivität gebunden ist.

Mittelfristig ist der Ausbau der Arbeitslosenversicherung in eine Einkommensversicherung zu prüfen. Der Anteil an Minijobs wird zunehmen, und Einzelpersonen werden vermehrt sowohl unselbständige wie selbständige Arbeit verrichten. Damit entsteht ein neues Risiko für Prekarität.

Plattformen, deren Geschäftsmodell in der Auswertung von Nutzer*innendaten besteht, müssen sich an die nationalen Datenschutzbestimmungen halten. Die Nutzer*innen müssen ausreichend und verständlich über die Verwendung der Daten informiert werden. Für Weitergabe an Dritte und kommerzielle Verwendung gilt das Opt-In-Prinzip. Plattformen sollen auch den Nutzer*innen die Möglichkeit geben, die eigenen Daten ohne Aufwand in einer standardisierten Form wieder herunterladen und weiterverwenden zu können (Take Out, Interoperabilität, Datensouveränität).

Für die Steuerpflicht ist das Prinzip des Leistungsortes anzuwenden. Plattformen sind für den Umsatz in dem Territorium steuerpflichtig, in dem der Umsatz tatsächlich anfällt. Bund, Kantone und Gemeinden sollen aktiv auf die Plattformen zugehen, um die lokalen Normen durchzusetzen.

Für eine echte partizipative Ökonomie

Ausgangslage

In der lokalen partizipativen Ökonomie werden Ressourcen von Personen geteilt, die sich in der Regel persönlich kennen. Es gibt und braucht deshalb nicht immer eine digitale Plattform, die vermittelt. Das Vertrauen entsteht hier durch soziale Nähe.

Lokale Teil-Ökonomie ist sehr alt: Bauern teilen sich Landwirtschaftsmaschinen, eine Gemeinde führt eine Bibliothek. Es gibt aber auch neue Formen: Ein FabLab teilt sich Maschinen und Know-How zur Herstellung von 3D-Objekten. Eltern teilen sich mit dem Pédibus die Aufgabe, die Kinder in die Schule zu bringen. Lokale Währungen bilden eine Wirtschaftsgemeinschaft, die lokale Akteur*innen unterstützt.

Empfehlungen

Für die GRÜNEN ist eine lokale partizipative Ökonomie unterstützenswert, weil sie Ressourcen, insbesondere die graue Energie, sparsamer nutzt, diese allen Gesellschaftsgruppen zugänglich macht und die sozialen Kontakte stärkt.

Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass Gemeinden und Quartiere ihre verschiedenen Möglichkeiten nutzen, diese lokalen Initiativen mit wenig Aufwand, aber wirksam zu unterstützen:

  1. Sie sollen die lokalen Initiativen inventarisieren und darüber informieren. Andere Quartiere können dann diese Ideen übernehmen.
  2. Sie sollen den öffentlichen Raum zur Verfügung
  3. Sie sollen die Infrastruktur für Plattformen zur Verfügung

Die Resolution als Download (pdf).